
Rondane – und Dovrefjell 2023
Rondane – und Dovrefjell-Tour 2023 (31.8. – 8.9.2023)
Oslo – Otta – Rondvassbu – Bjørnholia – Øvre Dørålseter – Grimsdalshytta – Hjerkinn – Snøheimen – Snøhetta – Köln
31.8.2023 (von Köln nach Oslo)
Endlich wieder nach Norwegen! Wohin die Reise gehen sollte, hatte ich ein paar Wochen vorher geplant. Das Ziel hieß Rondane und Snøhetta im Dovrefjell.
Mal wieder quält mich das schlechte Gewissen vor meiner Solotour, die Familie eine Woche alleine zu lassen. Diese Woche ist aber sehr wichtig für mich und meine Erholung. Einige Stunden zu früh bin ich am Flughafen, weil Melanie zur Arbeit muss. Ich schlage die Zeit tot. Im Flieger penne ich und schon bin ich in Oslo.
Das Oslo ein Dorf ist, bekam ich direkt nach der Ankunft bestätigt, als mir auf der Karl-Johanns-Gate ein guter Freund aus dem GNN (German Norwegian Network) über den Weg lief, dessen Posten im Vostand ich vor ein paar Wochen übernommen hatte. Für die deutsch-norwegische Veranstaltung im Parlament habe ich heute Abend keine Zeit! Außerdem hatte ich Anzug und Krawatte vergessen! Ich schüttel noch schnell Stefan Marx, dem neuen deutschen Geschäftsführer des Holmenkollens die Hand und mache mich auf zum Hotel.
Nachdem ich eingecheckt habe, schlendere ich noch etwas durch mein „Veedel“, in dem ich 2001 gewohnt habe. Einige Kneipen von damals heißen heute anders. Nicht aber Eilefs Landhandleri, wo ich mir ein Guiness gönne. Ich sitze draußen und schaue mir das Treiben vor dem Theater an. Viele kommen aufgetakelt vorbei. Ich habe immer noch die Wanderschuhe an und werde diese die nächsten 8 Tage auch nicht ausziehen.
Übernachtet wird natürlich wie immer in cochs pensjonat!
1.9.2023 (von Oslo über Otta nach Rondvassbu)
Um 6 Uhr geht der Wecker und bald schon bin ich auf dem Weg zum Bahnhof. Die Karl-Johanns-Gate hat genau das richtige Motto für „meine“ Woche geflaggt! „Friluftslivets Uke“!
Pünktlich bin ich am Bahnhof in Richtung Trondheim. Der Zug wird nur bis Lillehammer fahren, weil ein Unwetter eine Brücke zerstört hat. Ersatzbusse fahren ab dort weiter und auch nach Otta.
Ich wusste, dass ich in Otta den Bus nach Mysusæter verpassen werde und hatte mich bereits darauf eingestellt, ein Taxi nehmen zu müssen. Ich hatte Glück, dass gerade ein mit 5 Damen abfahrbereiter Taxibus parat stand. Auf Nachfrage durfte ich mitfahren, sogar weiter als gedacht, bis zum Parkplatz „Sprenget“. Das verkürzte meine erste Etappe erheblich, was ich eigentlich nicht wollte. Ich war aber froh, oben angekommen zu sein, auch wenn es von hier aus nur noch ca. 6,5 km bis Rondvassbu sein würden.
Rondvassbu in Sicht! Dahinter der See, den man mit dem Boot zum anderen Ende durchkreuzen kann!
Gegen 15 Uhr erreiche ich bereits Rondvassbu. Ich trinke ein Bier und gehe duschen. Kein Handyempfang! Perfekt! Ich setze mich nach draußen, aber immer wieder schiebt der Wind eine Wolke vor die Sonne, weshab ich mich nach drinnen setze und anfange „Die Entdeckung der Langsamkeit“ zu lesen. Bei einem zweiten Bier vertreibe ich mir die Zeit bis zum middag.
Wie durch Zufall komme ich beim middag neben einem deutschen Pärchen aus Würzburg zu sitzen, welches auch durch die Rondane streifen will. Als hätte ich es geahnt, gab es wieder Lachs. Rondvassbu war an diesem Abend proppevoll. Alle Norweger wollten das schöne Wetter für einen der letzten Wochenendausflüge nutzen. Entsprechend laut war es im Speisesaal und im Kaminzimmer, so dass ich nach dem Essen ins Nachbarhaus ging. Auch dort war das Kaminzimmer gut gefüllt. Ich fand aber einen Platz, um weiter lesen zu können. Auf Konversation hatte ich an diesem Abend keine Lust, zumal die Norweger inzwischen auch gut angetrunken waren. Gegen 22 Uhr ging ich in den Schlafsaal, der sich inzwischen bis auf den letzten Platz gefüllt hatte. Es folgte ein Geschnarche. Vermutlich habe ich mitgemacht!
2.9.2023 (von Rondvassbu nach Bjørnhollia)
Strahlend blauer Himmel und die Sonne scheint durchs Fenster. Ab 7 Uhr machten sich die ersten fertig fürs Frühstück. So eine Horde Norweger beim Frühstück ist wirklich etwas für ein Sozialstudium! Turmhoch packen sie sich die Teller voll, um ihr Matpakke zu schmieren, als gäbe es kein morgen. Ich war froh, als alle weg waren. Wenn man Touren plant, sollte man Wochenenden auf gut besuchten Hütten aus dem Weg gehen! So schaute ich den Karawanen hinterher. Weil ich mich für die kurze Tour nach Bjørnhollia durchs Tal entschieden hatte, hatte ich genügend Zeit, setzte mich in die Sonne und schrieb ein paar Zeilen in mein Tagebuch. Später als sonst, erst um 9:30 Uhr, machte ich mich auf den Weg.
Blick zurück nach Rondvassbu!
Ich machte wirklich viele Pausen. Einmal schlief ich in der Sonne ein. Zwischenzeitlich waren glaube ich alle, die zur Bjørnhollia wollten, an mir vorbeigezogen. Der Weg zog sich dann doch etwas und ich traf am Wegesrand einen Bengt. Ein Norweger, der in Köln studiert hatte und gut deutsch sprach. Er machte mich auf den gegenüberliegenden Bergkamm aufmerksam, auf welchem gerade ein paar Rentiere vorbeizogen. Er sagte, dass er noch nie einen Deutschen in der Rondane getroffen habe. Er sei in der Nähe aufgewachsen und die Rondane sei für ihn das schönste Wandergebiet der Welt! Wir gingen weiter, jeder mit seinem Tempo.
Als ich auf Bjørnhollia ankam, saß Bengt schon beim Bier hinter der großen Panoramascheibe. Ich gesellte mich hinzu, trankt auch ein Bier, meldete mich an und ging duschen.
Bis zum middag gab es ein weiteres Bier und beim Essen saßen wir uns gegenüber. Diesmal gab es Fleisch. Die Hütte war wieder sehr voll, so dass wir um 20 Uhr den Tisch für die zweite Runde räumen mussten. Bengt und ich bekamen nach etwas warten einen tollen Platz im neuen Anbau vor der Panoramascheibe mit Blick auf den See. Wir unterhieleten uns über Leute, die nicht verstehen können, warum wir solche Touren machen. Um 22 Uhr ging es in Richtung Schlafsaal.
3.9.2023 (von Bjørnhollia nach Øvre Dørålseter)
Ich wache mit Kopfschmerzen auf und beeile mich, zum Frühstück zu kommen. Ich wollte spätestens um 9 Uhr los, weil 20 km auf mich warteten, für die ich ca. 7,5 Stunden brauchen sollte. So war es dann auch.
Der Weg durch das Tal ist sehr zu empfehlen, zieht sich am Ende aber ziemlich. Jetzt, wo die Norweger wieder zur Arbeit mussten, hatte ich die Strecke für mich. Nur zwei Pärchen kamen mir entgegen. Leider regnete es zu Anfang leicht. Der Regen ließ aber schnell nach und sollte erst gegen Ende der Tagestour nochmal loslegen.
Blick zurück!
Blick voraus!
Nochmal Blick zurück!
weiter geht´s!
Schließlich sehnte ich die Hütte herbei, weil mein rechter Fuß, dort hatte ich mir vor kurzem die Platane gerissen, sich anfing zu melden.
Der Wind pfeift!
Plötzlich einBirkenwald, der nicht enden will!
Bei schlechtem Wetter kam ich an, checkte ein, ging duschen und trank beim Schreiben meiner Notizen ein Bier. In einer Stunde gab es schon middag, um 19 Uhr. Das Essen, Kjöttboller und Kartoffeln, war zwar lecker, der Abend aber wenig gesellig. es waren lediglich ein paar norwegische Jungs da, die sich alle kannten und ihren nächsten Tag planten. Ich war auch recht müde und mein rechter Fuß schmerzte. So ging ich schon um 21 Uhr ins Bett.
4.9.2023 (von Øvre Dørålseter nach Grimsdalshytta)
Um 8 Uhr war ich alleine beim Frühstück. Die Jungs hatten irgendeinen Auftrag, rannten mit Kameras umher, wärmten sich auf und dehnten sich, wie vor einem Marathon. Um 9 Uhr ging ich los.
Der Weg stieg an, bis in eine Steinschlucht, wo man von Fels zu Fels springen muss.
Hinter der Schlucht verwandelte der Sonnenschein die Landschaft wieder in ein Farbenmeer.
Danach ging es runter in ein Tal bis zu einem Fluß, den man über eine Brücke queren konnte. Die Wassermassen der letzten Wochen hatten das Flußbett wohl ein wenig verschoben, so dass noch eine zweite Behelfsbrücke gebaut worden war. Mein Fuß schmerzte wegen der Tabletten nicht allzu sehr und ich kam gut voran. Ohne Pause ging es dann den nächsten Steilhang hoch. Schließlich brauchte ich aber doch eine halbe Stunde Pause.
Jetzt kamen mir auch wieder Wanderer entgegen. Erst ein Opi, dann zwei Damen, die alleine unterwegs waren und von der Grimsdalshytta kamen. Schließlich traf ich noch zwei Deutsche aus Leipzig, denen ich bei ihrer geplanten Route etwas Hilfestellung geben konnte. Dann ging es bergab in Richtung Grimsdalshytta und der Wind nahm extrem zu. Die Böen brachten einen zum wanken.
Plötzlich stand in einem Wäldchen ein schwarzer Kampfhund nur wenige Meter vor mir. Wir schauten uns in die Augen, keiner regte sich, bis der Idiot hinterhergehechelt kam, dem dieser Köter gehörte und in an die Leine nahm.
Bei Windstärke 10 bis 12 kam ich auf der Hütte an. Die Grimsdalshytta feiert ihr 100-jähriges Jubileum mit einem Jubileumsbräu, einem Kölsch! Ich bekam ein Bett im Schlafsaal zugewiesen, wo ich alleine bleiben sollte. Nach dem duschen setzte ich mich in den Panoramabereich und unterhielt mich ein wenig mit einem älteren norwegischen Pärchen. Sie waren mit dem Auto unterwegs und machten Tagestouren. Ich merkte, wie mein Fuß wieder dicker wurde und hoffte, dass es noch drei Tage gut gehen würde. Ich ging ins Kaminzimmer und las ein wenig bis zum middag, wo ich mich wieder zu dem Pärchen setzte. Wir unterhielten uns gut. Danach ging es wieder ins Kaminzimmer und früh zu Bett.
5.9.2023 (von Grimsdalshytta über Hjerkinn zur Snøhetta)
Pünktlich um 8 Uhr war ich beim Frühstück und setzte mich wieder zu dem norwegischen Pärchen. Ich bedankte mich für die nette Gesellschaft und versuchte meinen schmerzenden Fuß in den Wanderschuh zu quetschen.
Auf der Hochebene bließ der Wind wieder sehr stark, so dass an Pause machen nicht zu denken war. Schließlich fand ich aber doch ein windstilles Plätzchen und schlief ein. Deshalb kam ich erst um 15 Uhr bei Hageseter an, wo ich eigentlich übernachten wollte. Ich musste aber feststellen, dass die Rezeption auf dieser Privathütte geschlossen hatte. Ein Wohnmobilfahrer rief die an der Rezeption angeschlagene Mobilnummer an und bekam zur Auskunft, dass der Besitzer erst um 16 Uhr kommen werde. Dem Schild im Fenster konnte man zudem entnehmen, dass es diese Woche kein middag geben würde. So entschied ich mich, weiter nach Hjerkinn zu laufen, in der Hoffnung, vielleicht noch den Bus zur Snøhetta zu erreichen. In dem Moment kommen zwei Schweizer, die auch nach Hjerkinn wollen. Wir laufen zusammen los. Da diese aber keine Karte lesen konnten, verließ ich sie wieder und ging meinen eigenen Weg, schließlich wollte ich den Bus erreichen, was mir kurz vor 17 Uhr auch so gerade noch gelang.
Der Bus war voll, u.a. auch mit Leuten, die ich schon auf der Døralseter getroffen hatte. Es stellte sich heraus, dass es sich um ein Filmteam handelt, die eine bekannte norwegische Serie über Extremsportler drehen. Aus dem Bus heraus sahen wir den ersten Moschusochsen.
Moschusochse in Sicht!
Als das Filmteam (von der Serie 71 Grad Nord) mit rd. 20 Personen eingecheckt hatte, bekam ich auch ein Zimmer für die nächsten drei Nächte. Die Landschaft rund um die Snøhetta ist fantastisch. Die Wettervorhersage ist sehr gut! Beim middag wurde gefilmt. Ich saß mit mehreren Norwegern am Nachbartisch und wir unterhielten uns über unsere letzten Touren. Schließlich gab es im Kaminzimmer noch ein Bier.
6.9.2023 (Snøhetta)
Um 7:30 Uhr bin ich pünktlich beim Frühstück. Die Sonne scheint! Perfektes Wetter um auf die Snøhetta zu besteigen. Das Filmteam war schon gegen 6 Uhr aufgebrochen. Um 8 Uhr gehe ich los. Nach einer Stunde beginnt der Anstieg über die Felsen. Zum Glück habe ich heute nur leichtes Gepäck dabei. Ich schaue zurück und sehe, wie gerade ein Bus mit Tagestouristen an der Hytte ankommt und mir nachfolgen wird.
Oben angekommen pfeift der Wind, weshalb ich mir erst einmal trockene Sachen und meine Windjacke anziehe. Eine Frau, ein norwegischer Promi (irgendeine Influencerin), wie ich später erfahre, macht auf meine Bitte ein Photo von mir. Plötzlich bricht einige Meter weiter ein Mann mit einem Anfall zusammen. Er zittert und bekommt kaum Luft. Ich gebe meine Mütze, um ihn warm zu halten. Zum Glück erholt er sich nach einiger Zeit. Da sich genug andere um ihn kümmern, trinke ich meinen warmen Tee und genieße die Aussicht. Um ca. 13 Uhr mache ich mich auf den Rückweg. 800 Meter steil bergab von Fels zu Fels springen lässt auch meine Knie leicht schmerzen. Kurz vor 16 Uhr bin ich zurück, dusche und setze mich mit einem Bier nach draußen in die Sonne. Beim middag sitzt mir wieder der Norweger von gestern gegenüber und eine Deutsche aus Hamburg, Tanja. Jetzt kommen auch die (mir nicht bekannten) Promis von 71 Grad Nord von ihrer Tour zurück, darunter auch ein Olympiasieger.
7.9.2023 (Snøhetta)
Ich bin etwas später aufgestanden, weil ich ja heute kein Ziel hatte und nur etwas durch die Gegend wandern wollte, in der Hoffnung, Moschusochsen zu finden. Tatsächlich entdeckte ich nach 2-3 km durch mein Fernrohr eine Herde auf der anderen Seite des Flusses, den ich wegen der Regenfälle der letzten Woche nicht so einfach durchqueren konnte. Erst einen km weiter fand ich eine geeignet Stelle und watete knietief hindurch. Auf der anderen Seite folgte ich dem Fluß wieder hoch, bis ich die Herde sah. Ich setzte mich mit einem Sicherheitsabstand in die Sonne und beobachtete 2 Stunden lang die Mochusochsen. Dann ging ich zurück zur Hütte. Zum middag gab es Schaf!
Eine Herde Moschusochsen voraus!
Man sollte einen Sicherheitsabstand einhalten. Die Ochsen sind sehr schnell!
8.9.2023 (von Snøhetta nach Oslo / Köln)
